Überzeugen im Bewerbungsgespräch
Mit diesen Fragen punkten Sie im Vorstellungsgespräch
Artikel erschienen am Montag, 27.10.2014, 09:46 auf Focus Online
„Haben Sie noch Fragen?“ In fast jedem Auswahlgespräch kommt dieser Satz. Der Bewerber ist meistens überrumpelt. Und verpasst diese Chance. FOCUS-Online-Experte Oliver Badura erklärt, mit welchen Fragen Sie punkten – und welche Sie besser lassen.
In beinahe allen Bewerbungsgesprächen erhalten die Kandidaten am Ende die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Diesen Teil sollten Sie gut nutzen. Denn er ist eine Gelegenheit zu demonstrieren, wie gut Sie das Unternehmen und die Position verstehen und Sie zu ihnen passen.
Das Ziel Ihrer Fragenaktion sollte sein, einen Wow-Effekt zu erzielen, zu zeigen, wie gut Sie sich vorbereitet haben, und einen mehr als soliden Eindruck zu hinterlassen. Denken Sie daran, dass Ihr Interviewpartner auch Sie anhand der Qualität Ihrer Fragen ein- und abschätzt.
Das Bewerbungsgespräch ist keine Einbahnstraße
Aber auch Sie können die Fragen nutzen, um weitere Informationen zu sammeln, die Ihnen bei der Entscheidungsfindung weiterhelfen. Denken Sie immer daran, dass ein Bewerbungsgespräch keine Einbahnstraße ist und auch Sie sich für den Job entscheiden und nicht nur auf eine Zusage warten müssen. Seien Sie also kein Bittsteller und treten Sie auch nicht als solcher auf – seien Sie selbstbewusst, denn hier geht es schließlich um Ihre berufliche Zukunft.
Es gibt jedoch auch Fragen, die Sie besser nicht stellen sollten. Beispielsweise gehören zu den „No-go“-Fragen solche, deren Antwort Sie im Vorfeld hätten recherchieren können (Größe, Produkte, Auslandsaktivitäten usw.), oder Fragen zu Personen, wie „Ist mein Chef nett?“, „Wie ist das Betriebsklima?“, und im ersten Gespräch alle Fragen zu Gehalt, Urlaubstagen usw. Auf diese Themen sollte der Arbeitgeber das Gespräch lenken, nicht Sie.
Die hier aufgezeigten Fragen sind nur Vorschläge und müssen individuell an die zu besetzende Position angepasst werden, noch werden Sie die Gelegenheit (und den passenden Moment), alle stellen zu können.
Nicht in jedem Vorstellungsgespräch wird sich ein passender Moment bieten, alle Fragen stellen zu können, dennoch geben die Antworten großen Aufschluss darüber, ob Sie sich für das Unternehmen und die zu besetzende Position entscheiden sollten oder nicht.
Außergewöhnliche Fragen
1. Was sind die Stärken und Schwächen des Unternehmens verglichen mit Ihren Wettbewerbern?
Normalerweise vergleichen Bewerber mit Hilfe digitaler Medien, eigener und Bewerbungserfahrungen die Unternehmen, bei denen sie sich bewerben, ganz automatisch – und das ist auch gut so und ist Teil der Vorbereitung auf das Gespräch.
Diese Frage zeigt, dass Sie an einer perspektivischen und bewertenden Sicht auf die Stärken und Schwächen des Unternehmens interessiert sind sowie daran, wie objektiv man Ihnen dies vorträgt. Darüber hinaus erhalten Sie weitere Informationen, die Ihnen bei der Entscheidung für oder gegen das Unternehmen helfen.
2. Was sind die größten Probleme, die von mir gelöst werden sollen?
Gerade im Bewerbungsgespräch wird alles schöngeredet – die Firma ist toll, das Arbeitsklima ist einzigartig, der Job macht immer nur Spaß, und die Karriereaussichten sind exzellent.
Darüber hinaus können Sie auch nach dem Zeitraum fragen, der Ihnen für die Lösung der Probleme bleibt. Gerade zu Beginn Ihrer Tätigkeit genießen Sie den Schutz des Neulings. In dieser Zeit können Sie viele Fragen stellen (sollten Sie auch), und erste Fehler werden verziehen. Allerdings ist diese Zeit begrenzt, und von Ihnen wird einen deutliche Lernkurve erwartet.
Das Problem bei dieser Frage ist: Wenn Sie sie erstmal gestellt haben, dann sollten Sie auch bereit sein, sofortige Lösungsideen einzubringen und eventuell zu diskutieren! Seien Sie also gut vorbereitet. Im Rahmen dieser Frage können Sie auch ganz allgemein fragen, welchen Herausforderungen sich das Unternehmen im Augenblick stellen muss.
3. Was motiviert Sie, jeden Tag aufzustehen und zur Arbeit zu gehen?
Sie möchten wissen, wieso sich Ihr Gegenüber für das Unternehmen entschieden hat und wieso er hier arbeitet? Eine persönliche Frage, die direkt die eigene Meinung des Interviewpartners adressiert. Hier geht es nicht nur um den Inhalt der Antwort, sondern auch darum, wie Ihr Gegenüber antwortet und wie emotional er antwortet: eher mit leuchtenden Augen oder eher desillusioniert.
Darüber hinaus werden Sie hören, wie die tägliche Arbeit bei der Firma abläuft, was die Leute motiviert, und können sich so wieder ein besseres Bild über Ihren Arbeitgeber machen und zeigen gleichzeitig, dass Sie an der Stelle sehr interessiert sind.
4. Warum haben Sie sich für das Unternehmen entschieden und arbeiten hier?
Letztlich ist diese Frage eine andere Formulierung der Frage: „Warum sollte ich hier arbeiten?“ Jeder Bewerber ist grundsätzlich daran interessiert, was die Beweggründe und Motivation aller anderen dort arbeitenden Menschen war, hier auch anzufangen.
Diese Frage zeigt, dass Sie grundsätzlich an einem langfristigen Engagement interessiert sind und nicht einfach nur einen Job aus Verzweiflung suchen. Es zeigt, dass Sie sich mit der Situation auseinandersetzen und das Ganze seriös angehen. Gute Interviewpartner werden auf diese Frage ehrlich und emotional antworten sowie Ihnen darüber hinaus weitere Informationen zu der Unternehmensstrategie, Philosophie, Kennzahlen, Produkten uvm. geben.
5. Wie wird meine Arbeit die Unternehmensziele beeinflussen? (kurz-, mittel- und langfristig)
Diese Frage zeigt, dass Sie sich in das Unternehmen auch langfristig einbringen möchten, dass Sie nicht nur an sich sondern auch an das Unternehmen denken und zielorientiertes Arbeiten bevorzugen, sowie dass Sie sich darüber Gedanken machen, welche strategische Rolle Sie im Gesamtkontext übernehmen können.
6. Worin unterscheiden sich nach Ihrer Auffassung die guten Mitarbeiter von den Besten?
Im Grunde fragen Sie hier nach einer Anleitung, wie Sie am schnellsten im Unternehmen Karriere machen können, ohne zu direkt und plump zu wirken. Ihr Gegenüber wird Ihnen erklären, was die Anforderungen und Erwartungshaltungen gegenüber den Mitarbeitern sind. Wer diese erfüllt oder übertrifft, gehört automatisch zu den Besten. Eine Anschlussfrage wäre, wie das Unternehmen Mitarbeiter und Talente fördert und welche Plattform bzw. Möglichkeiten es bietet, um diese Ziele und Anforderungen zu erreichen. Sie stellen sich mit dieser Frage als Person dar, die nicht nur das Ziel hat, Geld zu verdienen, sondern bereit ist, sich einzubringen und mit seiner Aufgabe im Unternehmen zu wachsen.
Fragen, die Sie in jedem Fall stellen können
Die zuvor genannten Fragen sind teils herausfordernd, keck und auch gewagt. Es gibt wiederum Fragen, die Sie ungefährdet immer stellen sollten und die Ihnen weitere und notwendige Informationen liefern, um eine Entscheidung für oder gegen den Job zu treffen. Im Folgenden zeigen wir Ihnen ein paar Fragen, an die der Bewerber nicht immer denkt.
1. Darf ich mir Ihr Unternehmen / den Arbeitsplatz anschauen?
Versuchen Sie, die Stimmung unter den Menschen vor Ort einzufangen. Wie wirken die Räumlichkeiten auf Sie? Gefällt Ihnen das Umfeld? Wie ist die Stimmung? Wo werden Sie sitzen? All das hilft Ihnen im Vorfeld, sich über den Jobwechsel im Klaren zu sein.
2. Warum ist die Stelle frei?
Es gibt grundsätzlich vier Möglichkeiten, wieso eine Stelle vakant ist:
1. Die Stelle wurde neu geschaffen und soll nun ideal besetzt werden. Die Gefahr hier: Es kann sein, dass Unternehmen anfangs nicht genau wissen, wen sie eigentlich suchen. Hieraus resultiert die Gefahr, dass sich nach einer gewissen Zeit die ursprüngliche Stellenbeschreibung und damit Ihre Aufgabe, auf die Sie sich beworben haben, derart stark verändert, dass Sie etwas anderes machen als gedacht. Im Idealfall ist es eine Erweiterung Ihres Aufgabenspektrums und weiterhin spannend für Sie, im schlechtesten Fall sind Sie unzufrieden mit Ihrem Job.
2. Den Job will niemand haben. Das wird Ihnen so auch niemand verkaufen, noch wird man Ihnen freiwillig erzählen, dass der Job ein Schleudersitz ist. Wenn Sie alle Fragen gestellt und alle Informationen gesammelt haben, können Sie sicherlich 1+1 zusammenzählen und wissen, wie die Lage einzuschätzen ist.
3. Die Anforderungen sind hoch, es gibt nur wenige Bewerber, die über die notwendigen Qualifikationen verfügen. Gut so – das können Sie für sich im Rahmen der Vertragsverhandlungen gut nutzen!
4. Ihr Vorgänger ist gegangen. Die Frage ist hier: Wieso ist er gegangen (worden)? Wir unterscheiden: Hat er sich intern weiterentwickelt (bspw. wurde er befördert oder hat einen Auslandseinsatz), wurde ihm gekündigt, hat er selbst gekündigt, oder war er einfach nicht der Richtige für diesen Job und geht einer anderen Aufgabe im Unternehmen nach? Sollte er nicht mehr für das Unternehmen tätig sein, wird das Einzige, was man Ihnen offen weiterkommunizieren wird, die Version der internen Weiterentwicklung sein. Alle anderen Fälle sind vertraulich (und sollten so auch behandelt werden).
3. Können Sie mir Ihre Unternehmenskultur beschreiben?
Mit dieser Frage können Sie in Erfahrung bringen, wie das Unternehmen beispielsweise mit dem Thema Work-Life-Balance umgeht. Dieses Thema wird zunehmend wichtiger – vor allem für Mitarbeiter mit Familien. Des Weiteren können Sie sehen, ob Ihre Auffassung von Arbeitsstil zu dem des Unternehmens passt, und erhalten weitere Hintergrundinformationen über das Unternehmen.
4. Können Sie mir einen normalen Arbeitstag beschreiben?
Sie zeigen Interesse am Unternehmen und der Arbeitsweise und wollen über die Stelle mehr als üblich erfahren. Darüber hinaus können Sie so erfahren, welche Aufgaben und Bereiche Ihnen zugeordnet werden und worauf die Schwerpunkte Ihrer Tätigkeit liegen. Eine Erweiterung bzw. Vertiefung der Frage wäre, wenn Sie sich noch nach dem Führungsstil des Unternehmens oder Ihres zukünftigen Vorgesetzten erkundigen.
5. Wie ist die Position organisatorisch im Unternehmen aufgestellt?
Diese Frage zielt darauf ab, wer an Sie bzw. an wen Sie berichten, sowie auf die Klärung, um welche Art von Strukturen und Unternehmenskultur es sich handelt (jung und dynamisch „google-like“, Matrixorganisation, Konzernstruktur, Familienunternehmen, amerikanisch geprägt usw.), worauf besonders Wert gelegt wird und was von Ihnen erwartet wird.
Letztlich ist wichtig, dass Sie für sich entscheiden, dass die Unternehmenskultur zu Ihren Vorstellungen passt.
6. Wann kann ich mit einer Entscheidung rechnen?
Auch Sie möchten wissen, wie es weitergeht, und stellen diese Frage gegen Ende des Interviews. Hinter dieser Frage steht auch indirekt die Frage nach einem Feedback zum Gespräch – im Idealfall positiv. Selbstverständlich können Sie im Umkehrschluss Ihre Eindrücke zu dem Bewerbungsgespräch Ihrem Gegenüber mitteilen.
Erbitten Sie sich immer etwas Zeit für Entscheidungen und fällen Sie diese nicht sofort und impulsiv. Die Frage selbst deutet an, dass Sie durchaus organisiert, lösungsorientiert sowie möglicherweise noch in weiteren Bewerbungsgesprächen sind. Dass Sie sich Zeit nehmen, zeigt, dass Sie Entscheidungen wohlüberlegt fällen – aber warten Sie nicht zu lange, denn von zukünftigen Entscheidern und Managern erwartet man auch die Stärke der Entscheidungsfähigkeit.
Fragen, die Sie besser nicht stellen sollten:
Ein Sprichwort, das sagt: „Dumme Fragen gibt es nicht, dumm ist nur, wer nicht fragt“, ist an dieser Stelle leider falsch. Stellen Sie die falschen Fragen, werden Sie als schlecht vorbereiteter oder desinteressierter Bewerber entlarvt, der im Vorfeld seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, was letztlich Ihre Einstellungschancen erheblich mindert.
Die Fragen, die Sie vermeiden sollten, kann man grundsätzlich in drei Kategorien aufteilen:
1. Fragen, deren Antworten Sie im Vorfeld hätten recherchieren können. Dazu gehören auf jeden Fall alle öffentlich zugänglichen Informationen im Internet (Internetauftritt des Unternehmens, Suchmaschineneinträge etc.) und andere Medien.
2. Ungeschickte Fragestellungen zum falschen Zeitpunkt. Dazu gehören Fragen rund um zukünftig anstehende Gehaltserhöhungen, Arbeitszeiten und Urlaub. Stellen Sie diese Fragen zur falschen Zeit (meist zu früh), wird man sich die Frage stellen, ob Sie der Richtige für den Job sind und was Ihre Beweggründe sind – also kein guter erster Eindruck, und das wollen Sie vermeiden. Haben Sie also etwas Geduld und warten Sie ab, wie sich die Gespräche entwickeln.
3. Naive Fragen. Eine Frage wie etwa „Sind meine Kollegen auch alle nett?“ ist selten willkommen und weniger hilfreich.
Oft kommt es nur darauf an, wie man die Frage stellt
Dies ist nicht zu verwechseln mit vertiefenden Fragen. Beispielsweise deuten Sie an, dass Sie die Produkte zwar kennen, fragen aber nach dem Entwicklungspotential und der zukünftigen Marktstrategie. Fassen Sie also ruhig nach, wenn sich an manchen Punkten Ihr Gegenüber nur vage äußert.
Auch nach Karrieremöglichkeiten können Sie fragen, allerdings nicht im Stile von „Was muss ich tun, um schnell Karriere zu machen?“, sondern erkundigen Sie sich nach Mitarbeiterförderprogrammen, Mentorenprogrammen und danach, wie es mit Weiterbildungsmöglichkeiten aussieht. So haben Sie das Thema Karriere nicht nur geschickt angesprochen, Sie zeigen auch, dass Sie bereit sind, sich einzusetzen und sich weiterzuentwickeln.
Das Thema Gehalt spricht der Arbeitgeber an
Das Thema Gehalt sollten Sie idealerweise den Arbeitgeber zuerst ansprechen lassen. Seien Sie hier vorbereitet, haben Sie bitte eine genaue Vorstellung im Kopf und fangen Sie nicht erst im Gespräch an, darüber nachzudenken.
Hier eine Übersicht über klassisch „fasche Fragen“:
1. Was macht Ihr Unternehmen?
2. Welche Produkte / Dienstleistungen bieten Sie an?
3. Seit wann gibt es Ihr Unternehmen eigentlich?
4. Wie groß ist Ihr Unternehmen?
5. Was muss ich tun, um Karriere zu machen?
6. Wie schnell werde ich befördert?
7. Wann bekommt man seine erste Gehaltserhöhung und wovon hängt die ab?
8. Wie flexibel sind die Arbeitszeiten? Kann ich früher kommen/gehen?
9. Darf ich das Internet privat nutzen?
10. Werde ich überwacht?
uvm.